Rostige Beschilderung 'SEGEN' auf rostiger Wand

Alt werden ist nichts für Feiglinge!

»Alt werden ist nichts für Feiglinge.« Diesen Ausspruch von Joachim „Blacky“ Fuchsberger (1927 – 2014), dem bekannten deutschen Schauspieler und Moderator, zitiere ich immer öfter. Denn, während meine eigenen Jahresringe wachsen, beobachte ich immer häufiger ein Phänomen: Fast alle Menschen, die ich kenne, wünschen sich ein langes Leben. Aber niemand möchte alt werden. Ein merkwürdiges Paradox.

Wie kommt es, dass so viele von uns mit den Begleiterscheinungen des Älterwerdens ihre Mühe haben, obwohl wir uns doch ein langes Leben wünschen?

Für mich ist ein langes Leben nicht per se erstrebenswert. Wenn ich zum Beispiel aufgrund von Krankheit oder Unfall mein Leben nur verbunden mit einem dauerhaften Martyrium für mich selbst oder meine Umgebung verlängern könnte, würde ich lieber darauf verzichten. Aber ich möchte in diesem Post gar nicht die Fragen und Inhalte einer Patientenverfügung zu diskutieren.

Hier geht es mir um unsere Haltung zum Leben. Und wie wir die Jahre, die uns geschenkt sind, gestalten. Und was Vergleiche in eine ungünstige Richtung, Jugendlichkeitswahn und fragwürdige Werte mit uns machen.

Ins Alter leben – ein herausfordernder Prozess

Wir durchlaufen von der Geburt bis zum Tod einen Prozess, der uns wandelt und stetig verändert. Manche dieser Veränderungen sind uns lieb und wir feiern und unterstützen sie. Dazu gehören z. B. unsere wachsenden körperlichen und kognitiven Fähigkeiten, unsere zunehmende Selbstbestimmung und Unabhängigkeit von den Erwachsenen oder auch unsere Schönheit als erwachsene Menschen.

Andere sind uns verhasst oder machen uns Angst. Das kann bei einigen Menschen schon in jungen Jahren beginnen, wenn sie genau das beunruhigt, was andere feiern: z. B. einen weiblichen oder männlichen Körper zu entwickeln oder die zunehmende Verantwortung als erwachsener Mensch zu übernehmen. Vor allem und weit verbreitet fürchten wir aber im höheren Lebensalter die damit verbundenen Veränderungen – das Altwerden.

Zuerst und in erster Linie betreffen unsere Sorgen unseren Körper: Scheussliche Falten verwandeln unser Gesicht mehr und mehr in eine Kraterlandschaft. Alles, was nicht durch stützende Kleidungsstücke an Ort und Stelle gehalten wird, folgt der Gravitationskraft unweigerlich Richtung Erdmittelpunkt. Was früher straff und prall war, schwabbelt nun schlaff und unförmig an und um uns herum.

Dazu kommen die nachlassenden Kräfte. Wir erschöpfen schneller und benötigen nach Anstrengungen mehr Erholungszeit. Möbel und Bücherkisten werden unerklärlicherweise immer schwerer. Die Schrift auf sämtlichen Dokumenten immer kleiner. Treppen immer steiler. Schikanen des Lebens.

Hier läuft was falsch

Wir scheinen dem Leben immer weniger gewachsen zu sein, schwächeln immer mehr, verfallen gefühlt in erschreckendem Tempo wie ein umgefallener Baum im Sumpf. Und wenn es uns selbst – noch – nicht betrifft, beobachten wir diese Vorgänge bei anderen in unserer Umgebung. Anfangs belächeln wir deren Lamento über die ungeliebten Abbau-Symptome noch. Wir trösten sie, widersprechen ihnen und ermuntern sie zur Sicht auf die positiven Seiten des Alters.

Bis uns das Lachen im Hals stecken bleibt und wir realisieren, dass es uns nun auch erwischt hat. Völlig überraschend. Denn wir hatten das nicht angekreuzt, als uns das Leben geliefert wurde. Wir hatten ewige Jugend, Geschmeidigkeit und Leistungskraft angekreuzt.

Falschlieferung! Nach Jahren, in denen sie uns in der Illusion gewiegt haben, dass wir das Bestellte auch erhalten hätten, nun die Einsicht, betrogen worden zu sein. Alles Fake! Wir haben dasselbe bekommen wie alle anderen auch. Egal, wo wir unsere Kreuzchen bei unserer Ankunft auf der Erde auch gesetzt haben. Was für eine Kränkung! So ein Frust!

Und jetzt?

Was machen wir nun damit? Wie kommen wir aus dieser Nummer wieder raus?

Gar nicht. Zumindest nicht, indem wir verleugnen, was ist, und stoisch weiter mit veralteten Ködern in den Teichen der Jungen fischen. Oder indem wir uns das Alter schön reden, aber nicht wirklich an seine Segnungen glauben. Oder auf jugendlich machen und uns mit Botox, Barbie-&Ken-Kleidern und teuren Statussymbolen aufzuhübschen versuchen. Auch, uns resigniert dem Elend des Alters zu ergeben und das Jammertal bis zum bitteren Ende zu durchleiden, scheint mir keine attraktive Lösung.

Aus meiner Sicht helfen hier – wie fast überall – ein klarer Blick, das Annehmen dessen, was ist, wiederholte Perspektivenwechsel, Mut, gesunde Werte und Dankbarkeit. Es gibt noch unzählige weitere Möglichkeiten, die uns unterstützen, einen positiven, friedvollen Blick auf das Älterwerden zu richten und in Frieden mit uns selbst und unserem Sosein zu kommen. Du wirst deine eigenen haben.

Meine Favoriten für ein friedvolles Älterwerden:

  • Ich bin dankbar für alles, was ich in meinem Leben erlebt und erwirkt habe:

Dazu kann ich regelmässig Rückschau halten und in alten Dingen, Dokumenten und Erfolgen schwelgen, die mein Sein und Werden dokumentieren. Wenn mir Spuren zu hinterlassen wichtig ist, kann ich erforschen, wie und wo mir das bereits gelingt.

  • Ich sorge gut für mich, damit mein Körper und Geist so lange wie möglich so gesund und beweglich wie möglich bleiben:

Mit hilft es, auf eine gesunde, vitalstoffreiche, fleischlose Ernährung, ein angemessenes Mass an Bewegung, Schlaf und Entspannung zu achten und nährende und inspirierende Freundschaften zu pflegen. Natur, Kunst und regelmässige Weiterbildungen halten meinen Geist in Bewegung.

  • Ich erkenne, was ich alles erst jetzt im höheren Lebensalter bin und kann:

Dafür mache ich mir meine heutigen Qualitäten, Fähigkeiten und Möglichkeiten bewusst, die ich früher nicht hatte. Ich wertschätze diese Fülle – ohne sie in Bezug zu anderen Menschen oder anderen Lebensphasen zu setzen.

  • Ich verzichte auf destruktive Vergleiche und inspiriere mich stattdessen durch konstruktive Vergleiche:

Dreissigjährige sind für mich kein Massstab mehr – zumindest nicht in Bezug auf ihre Körperlichkeit und Leistungsfähigkeit. Lieber lasse ich mich durch bestimmte Qualitäten anregen, die ich selbst – noch – nicht ausgeprägt habe, an denen ich aber arbeiten kann. Auch in höherem Alter habe ich unzählige Möglichkeiten, mich stetig weiterzuentwickeln und sinnerfüllt zu leben.

  • Ich überprüfe meine Werte und Ideale:

Sind meine Werte wirklich meine Werte – oder von anderen übernommene? Sind bestimmte Glaubenssätze, Schönheitsideale und Werthaltungen für mich heute noch hilfreich und stimmig (sofern sie es je waren)? Oder ist es an der Zeit sie gegen kraftvolle, stärkende, inspirierende auszutauschen, die heute für mich passen?

  • Ich nehme mich weniger wichtig und vertraue mich dem Kreislauf des Werdens und Vergehens an, der das Leben kennzeichnet:

Als Teil alles Lebendigen auf dieser Erde bin ich denselben Prozessen unterworfen wie alles andere Lebendige in der Tier- und Pflanzenwelt auch. Mein physischer Körper entsteht und vergeht, wie jeder Baum aus einem Samen entsteht und irgendwann wieder vergeht. Demut hilft. Ich werde zu Kompost und Grundlage für das Wachstum anderer Wesen.

Und: Nach meiner persönlichen spirituellen Ausrichtung verläuft der Prozess für meine innere Essenz, meine Seele oder wie immer du es nennst, anders und unabhängig von körperlichem Verfall oder Tod. Dieser wundervolle Zellhaufen, der heute mein Äusseres bestimmt, ist nicht ewig. Ich selbst schon.

  • Ich definiere mich nicht über meinen Körper und erkenne, dass ich weder mein Körper, noch mein Verstand oder meine Gefühle bin.

Ich habe einen Körper, einen Verstand und Gefühle – aber ich bin sie nicht. Ich bin viel mehr als das – und erkenne, erfahre und verstehe jeden Tag etwas mehr davon.

 

Nein – zugegeben, das gelingt mir nicht immer. Aber immer öfter und immer besser. Alt werden ist nichts für Feiglinge – genau.  Ich bleibe dran und werde mutig. Weiterhin und immer wieder eine Meisterin, die übt.

 

Wie geht es dir mit diesem Thema? Erscheint dir ein langes Leben reizvoll? Und warum? Was verbindest du mit dem Älterwerden – und mit dem Altsein? Was unterstützt dich beim kraftvollen, inspirierten Älterwerden?

 

Wenn du dir einen Austausch zu diesen Themen wünschst, interessiert dich vielleicht mein online-Schreibsalon »Älterwerden – ein Thema für dich?«

 

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Was denkst du dazu? Ich freue mich auf deinen Kommentar!

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